Schützen wir die Versammlungsfreiheit! Ziviler Ungehorsam ist kein Verbrechen!

Unser Redebeitrag zum Jahrestag des Leipziger Kessels:

Die Versammlungsfreiheit wird angegriffen! Immer wieder und überall im Land. Das neue Versammlungsgesetz, die immer rigideren Einsatzpraktiken der Polizei und die sich verschärfende Rechtsprechung führen uns vor Augen, dass das Recht auf freie Versammlung, das linke Bewegungen jahrhundertelang erkämpft haben keine Selbstverständlichkeit ist. Es muss verteidigt und immer wieder aufs Neue erkämpft werden.

In Leipzig haben über tausend Demonstrant*innen am Juni letztens Jahres am eigenen Leib erfahren müssen, was es bedeutet, wenn uns Polizei und Justiz dieses Recht nehmen. Bis zu 11 Stunden im Polizeikessel, bei Kälte und ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen. Und jetzt laufen gegen unzählige Menschen aus dem Kessel Verfahren wegen Landfriedensbruchs.

Doch solche Eskalationen sind kein sächsisches Kuriosum: das selbe Bild zeigte sich bereits in Hamburg 2017. Dort wurde während der G20-Proteste eine Demonstration in der Straße „Rondenbarg“ von der Polizei brutal eingekesselt und aufgelöst. Elf Demonstrierende wurden schwer verletzt, keiner der Polizist*innen erlitt Schaden. Und nun stehen nicht die verantwortlichen Beamt*innen, sondern die Demonstrierenden vor Gericht.

Der Demozug am Rondenbarg war Teil des Farbkonzepts von Block G20. Die Teilnehmenden dort waren größtenteils dunkel gekleidet. Das Gericht erkennt zwar an, dass es sich um eine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes handelt, konstruiert aber aus der einheitlichen Kleidung eine „psychische Beihilfe“ und erwägt eine kollektive Verurteilung wegen Landfriedensbruch. Keinem der 86 Angeklagten wird eine individuelle Tat vorgeworfen, die bloße Anwesenheit auf der Demonstration soll für eine Verurteilung reichen.

Das Ziel ist alle Versammlungsteilnehmer*innen in Sippenhaft zu nehmen, Kollektivstrafen gegen Demonstrierende als Standard zu etablieren und eine Teilnahme an Versammlungen zu verunmöglichen. Die Aussicht, für die bloße Teilnahme an einer Demonstration stundenlang in Gewahrsam gehalten zu werden oder am Ende vor Gericht zu landen, schreckt ab, überhaupt noch an Versammlungen teilzunehmen. Doch gerade jetzt, angesichts von Kriegen, Klimakrise und rechter Hetze, brauchen wir mehr mutige Menschen, die ihr demokratisches Recht auf Versammlungsfreiheit kreativ und vielfältig nutzen.

Was können wir tun?

Öffentlichkeit schaffen! Sprecht mit euren Kolleg*innen und Freund*innen über dieses Thema. Teilt die Kampagnen zum Rondenbarg-Verfahren, Tag-X und weiteres Material auf Social Media. Macht die Prozesse bekannt. Begleitet die Prozesse aktiv im Gerichtssaal.

Am Samstag vor der Urteilsverkündung im Rondenbargprozess werden in verschiedenen Städten Deutschlands Demonstrationen stattfinden. Ein Urteil wird im Juli erwartet. Weitere Infos findet ihr bald unter:
https://gemeinschaftlich.noblogs.org/

Schützen wir die Versammlungsfreiheit! Ziviler Ungehorsam ist kein Verbrechen!


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