Wir dokumentieren hier unsere und die Redebeiträge von CopWatchLE von der gemeinsamen Fahrradtour „EntnazifizierungJetzt„. An verschiedenen Stationen in Leipzig wiesen wir auf die Verquickung von Justiz- und Sicherheitsbehörden mit extrem rechten Strukturen hin.
Wir stehen hier vor der Dimitroffwache Leipzig, einem Ort den wir symbolisch für den deutschen Polizeiapparat ausgewählt haben. Immer wieder hören wir von den Verstrickungen von Nazis bzw. Rechten mit Justiz und Polizei. Aber auch in Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Bundeswehr werden immer wieder (extrem) rechte Personen (und Netzwerke) aufgedeckt. So viele, dass es sich nicht um Einzelfälle handeln kann. Durch ihre Positionen und Verbindungen ist es ihnen möglich, Waffen verschwinden zu lassen, Geld in rechte Netzwerke zu pumpen und Einfluss auf die Rechtssprechung zu nehmen.
Neben den historischen Kontinuitäten der Nazis in Sicherheitsstruckturen verhalten sich Beamt* innen immer wieder auffällig rechts, bekennen sich als Reichsbürger* innen, AfD-Mitglieder, Rassist* innen und Prepper* innen, die einen faschistischen Putsch planen. So waren Polizist* innen und Soldat* innen Mitglieder des rechtsterroristischen Netzerks „Nordkreuz“, die 55.000 Schuss Munition vom Sicherheitsapparat entwendet haben und bereits Leichensäcke und Löschkalk für ihren Umsturz bestellen wollten.
Ihre Ideologie äußert sich direkt als Rassismus, Antisemitismus und Sexismus und mündet in der Legitimierung rechter Gewalt. So zählt die Kampagne Death in Custody im Januar 2023 223 Todesfälle von schwarzen Menschen, People of Color und von Rassismus betroffenen Menschen in Polizeigewahrsam seit 1990. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der gesellschaftliche Aufschrei bleibt jedoch aus. Wirkliche Veränderungen folgen nicht.
Die Einstellungen und Verhaltensweisen, die sich in Chatgruppen, Aufnahmeritualen und all den anderen hier beschriebenen Fällen zeigen, sind Ausdruck einer „Cop Culture“ (zu deutsch.: Polizist* innenkultur). Es sind Einstellungen und Verhaltensweisen, die nazistisch, rassistisch, faschistisch, sexistisch oder queerfeindlich sind. Es sind Einstellungen und Verhaltensweisen, die normalisiert und zur gemeinsamen Sache gemacht werden. Damit wird ein Korpsgeist beschworen, ein starkes „Wir-Gefühl“, das verbindet und Identität stiftet. In den sogenannten „Sicherheitsbehörden“ sind Beamt* innen unterwegs, die im Dienst solche Einstellungen und Verhaltensweisen ausleben können. Sie werden nur selten zur Ordnung gerufen, diszipliniert oder gar aus dem Dienst entlassen. Stattdessen tragen sie Nazi-Patches an ihren Uniformen, ritzen Hakenkreuze in ihre Haut oder Toilettentüren und haben Hitlerbildchen im Spind.
Am 8. Mai 2020 begann die Antifa AG der Interventionistischen Linken Berlin mit der Kampagne EntnazifizierungJetzt. In zwei Jahren Recherche sammelte die AG über 850 Skandale, die sich in den sog. „Sicherheitsbehörden“ seit Gründung der BRD ereigneten, um diese sogenannten Einzelfälle sichtbar zu machen und zu skandalisieren.
Mehr über ihre Arbeit, ihre Ergebnisse und die gescheiterte Entnazifizierung findet ihr auf der Website und der gerade erschienen Broschüre. Es gibt außerdem eine interaktive Karte, die die gesammelten Fälle seit 1945 zeigt und näher beleuchtet. Das Projekt ist nicht abgeschlossen, es besteht weiterhin die Möglichkeit, weitere Fälle hinzuzutragen. Aufgrund der immer neu dazukommenden Fälle, wird diese Funktion auch weiterhin vorhanden bleiben. Die Gruppe fordert mehr Transparenz und Aufarbeitung, polizeiunabhängige Beschwerdestellen, eine institutionalisierte Betrfoffenensicht in der Polizei und eine radikale Entmachtung der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden, denn sie sind Teil des gesellschaftlichen Problems und nicht deren Lösung.
Dieser Apparat kann keine Sicherheit sein. Ihr seid keine Sicherheit!